Gasthaus zur Eisenbahn abgerissen
Der Name dieses Gasthauses kommt nicht von ungefähr, steht es doch unmittelbar neben der Eisenbahnlinie Rapperswil-Ziegelbrücke, welche im Jahr 1859 eröffnet wurde. In dieser Zeit wurde auch das stattliche Gebäude gebaut.
Gottfried Adolf Fäh-Zweifel, 1842 – 1899, aufgewachsen im «Rössli» in Benken, kaufte die Liegenschaft im Jahr 1877. Seine Frau Maria Barbara Julia, geb. Zweifel 1850 – 1925, stammte aus dem Portholz in Maseltrangen. Adolf Fäh-Zweifel war nebenher Ortskassier, Vermittler und auch Posthalter. Er übernahm von seinem Vater Jakob Fäh, 1801 – 1882, die Aufgabe eines Ablagehalters der schweizerischen Post (gegründet 1847) und führte diese Tätigkeit im Gasthaus zur Eisenbahn weiter. Die Post diente zugleich als Telegrafenbüro. So erhielt das Gasthaus zur Eisenbahn die Nr. 1, was auf der Rückseite der Ansichtskarte (um 1890) vermerkt ist.
Nach dem Tod ihres Ehemannes führte Maria Julia Fäh das Gasthaus und auch die Poststelle weiter. Im Jahre 1916 zog sie zusammen mit ihrer Tochter Bertha Fäh, *1885, ins Nachbargebäude (heute Bahnhofstrasse 15). Tochter Bertha führte die Post bis zu ihrer Heirat mit dem ausgewanderten Joseph «Küng» King, 1860–1934. Der damalige Briefträger Alois Romer, *1893, übernahm nicht nur das Postgebäude, sondern er wurde auch zum Posthalter befördert.
Florierendes Gasthaus
Im gleichen Jahr übernahm Berthold 1879–1930, der Bruder von Bertha zusammen mit seiner Frau Maria Fridrika geb. Kühne das Gasthaus. Maria Fridrika, *1880, wuchs im Linthbett auf, wo ihr Vater Ziegel herstellte (Ziegler-Kuehnis). Sie absolvierte die Koch- und Haushaltungs-Schule im Salesianum Zug und arbeitete hernach in Bergamo. Mit dieser Ausbildung war sie bestens gerüstet, um als Köchin und Wirtin im Gasthaus zur Eisenbahn mit der lauschigen Gartenwirtschaft (siehe Karte) erfolgreich zu wirken.
Nach dem frühzeitigen Tod ihres Vaters im Jahre 1930 kehrte Tochter Trudi Fäh, *1913, von einem Aufenthalt im Welschland zurück. Sie unterstütze ihre Mutter Marie Fäh-Kühne und übernahm das Gasthaus. In späteren Jahren wurde Gastgeberin Trudi von ihrer Schwester Marie Hilber-Fäh *1909 unterstützt. Zahlreiche Geschäftsleute aus der Umgebung schätzten die feine Küche und den gepflegten Service. Waren im Dorf Militärtruppen einquartiert, waren die Stabsoffiziere in der «Eisenbahn» bestens aufgehoben.
Vereinslokal und Kegelbahn
Das Gasthaus zur Eisenbahn war auch während Jahrzehnten das Vereinslokal der Bürgermusik und der Kleinkaliberschützen. In der später angebauten «Gasterstube» fanden Versammlungen von Firmen und Vereinen statt, an denen diskutiert und Beschlüsse gefasst wurde. Auf der Kegelbahn, neben der Gartenwirtschaft, wurden unzählige Kugeln geschoben, «Hirsche» und «Kränze» gekegelt, um einen Kegelmeister zu küren. Mindestens auf einem Wirtshaustisch lagen immer ein Teppich, Jasskarten, Tafel und Kreiden für eine Jassrunde bereit. Wobei es meistens nicht nur bei «einer» Runde blieb! Trudi Fäh führte das Gasthaus zur Eisenbahn 50 Jahre lang nach guter, alter Manier.
Klassische französische Küche
Im Dezember 1981 erwarb ihr Neffe Hans Fäh, *1956, mit seiner Frau Margarete, *1956, geb. Maurer, die Eisenbahn. Die Innenräume wurden sanft renoviert. Die Gaststube erhielt einen neuen Echtholzparkettboden. Drei Jahre später wurde die Fassade isoliert und erneuert, sowie die Fenster ersetzt.
Der damals junge Koch ergänzte die geschätzte Speisekarte seiner Tante mit Gerichten der klassischen französischen Küche. Er verstand das Handwerk in der Küche. So wurden zum Beispiel auf den Tellern hausgemachte Nudeln serviert. Während Jahren stand der «Bänggner-Topf» (Rinds- und Schweinsfilet- Medaillon an feiner Schwämmlisauce mit grünen Knöpfli) auf der Karte.
Mit der gleichen Leidenschaft, wie Hans Fäh in der Küche wirkte, war seine Frau Margarete eine umsichtige Gastgeberin. Sie gestaltete die Gaststube sehr geschmackvoll, mit zahlreichen nostalgischen und selbst gefertigten Dekoartikeln.
Durch die gesundheitliche Situation der gelernten Hotelfachassistentin Margarete endet die 40-jährige Ära der Familie Fäh-Maurer und das Dasein der Räumlichkeiten, die während rund 140 Jahren einen Ort für den Austausch, die Heiterkeit und das Wohlbefinden waren. Mit dem Abbruch gehört das geschichtsträchtige Gasthaus an der Eisenbahnlinie endgültig der Vergangenheit an. Erinnerungen bleiben.